Passierschein A38

unglaublich, wie einem da Steine in den Weg gelegt werden und gerade noch bei denen die es am härtesten trifft. Ich finde das eine Sauerei.
Halte uns bitte auf dem Laufenden.

....ja Michael, ALG-II oder Hartz-4-Antrag, genau so ist es einer Bekannten von mir ist es auch so ergangen, sie hat nach einem Herzinfarkt ihre Arbeit verloren und ist nachher wegen 3 Bypass-OP's von der normalen ALG-I ins Hartz-4 gefallen und weil sie zu dem Zeitpunkt der Antragstellung auf Reha war hat sie 8 Monate keinen Cent Geld bekommen ich konnte ihr damals auch nicht helfen weil sie da obwohl zu der Zeit 80% Schwerbehinderung vorlag die Anträge persönlich beim Arbeitsamt abgeben/vorsprechen (obwohl sie jetzt 60% hat arbeitet wieder in Vollzeit 32 Std-Woche), sorry einfach zum Kot...!

....willkommen im deutschen Volksverarschungsprogramm...

Total super, dass du da hilfst.

...man beginnt sich für das Land zu schämen,
wie unbürokratisch, nahezu stümperhafte Fragebogen und Formulare ausgefüllt werden müssen um in dem "System" versprochene Unterstützung zu bekommen.
Eigentlich gehört so ein Fall stellvertretend für Tausende an die Presse, den Landrat ins TV.
Es sind vermutlich vorgegebene Leitnotizen, die von Schreibtisch zu Schreibtisch wandern, währenddessen ein Leben immer tiefer und tiefer in sich zusammen sackt. Gefüllt von Fragen und Vertrauensverlust, die der Ratlosigkeit Tür und Tor öffnen.
Da ist keine Sea-Watch, die Menschen in Not aus dem Meer der Bürokratie den rettenden Ring zuwerfen...
einfach nur beschämend für ein Land, das die ganze Erde retten will und die eigenen Bürger vergisst.

Zitat von Rafera

...man beginnt sich für das Land zu schämen,
wie unbürokratisch, nahezu stümperhafte Fragebogen und Formulare ausgefüllt werden müssen um in dem "System" versprochene Unterstützung zu bekommen.

Da braucht man sich nicht zu schämen.
Da steckt System dahinter und man kann nichts weiter tun, als die Faust in der Hosentasche zu ballen!

Zitat von Rafera

wie unbürokratisch, nahezu stümperhafte Fragebogen und Formulare ausgefüllt werden müssen um in dem "System" versprochene Unterstützung zu bekommen.
Eigentlich gehört so ein Fall stellvertretend für Tausende an die Presse, den Landrat ins TV.

....wenn man bei ALG-II/Hartz-4 gelandet sind Anträge dieser Art ganz normal, komplette Kontrolle einfach und wer nicht richtig mitarbeitet oder mitarbeiten kann, bekommt mal eben für 6 Monate erst 30%-oder ganz das Geld gesperrt, dieses System kann sich Ottonormalverdiener fast nicht vorstellen und man hat in deutschland (als Alleinstehende/er) schneller einen Platz unter der Brücke als man glaubt!

Passierschein A38 trifft es ganz gut...
Meine Methode mit solchen Situationen umzugehen war nach Möglichkeit überkorrekt zu sein. Extrem freundlich und höflich im persönlichen Kontakt mit den Mitarbeitern der entsprechenden Institutionen.
Gleichzeitig muss man alles dokumentieren, jeden Kontakt, jede Email, jeden Brief, jedes Gespräch protokollieren.
Ich hatte mal eine Patientin auf der Bank mit nem Kieferproblem, auf Nachfrage hatte ihr ein unzufriedener Antragssteller beim Arbeitsamt wo sie arbeitete eine geklatscht.
Ein Kollege von ihr wurde verkloppt, diese Menschen halten viel Frust aus und verschanzen sich dann hinter den Mauern ihrer Institution und sie sitzen am längeren Hebel.

Gleichzeitig ist eine sehr gute Absicherung in allen Lebenslagen ein funktionierender Freundes-bzw Familienkreis, ich hab schon so wirre Lebensumstände gehabt, aufgefangen haben mich die Menschen die mir am nächsten waren.
Andersrum natürlich auch.

Das löst allerdings nichts am Grundproblem: Die Begegnung zwischen dem Individuum und der Institution mit ihrer Macht, Lebenschancen zu vergeben, zu verweigern oder aber einen nach Strich und Faden zu sanktionieren.
Und das wir bürokratisch ziemlich daneben sind in manchen Bereichen, steht außer Frage....

Ich finds klasse das du hilfst, manchmal ist das alles für den einzelnen zu viel. Obendrauf noch alles was an Nebeneffekten entsteht, Scham, Sorgen und Angst vor dem Gesichtsverlust oder sogar Identitätsverlust (ein Stück weit definieren wir uns über unsere Arbeit). Das ist knackig und das juckt in der mechanischen Bürokratie niemanden...und dann kommt es zu solchen Situationen wie ernsthafte Handgreiflichkeiten mitten im Arbeitsamt, weil irgendwann jemandem die Hutschnur platzt.

Die Absurdität hinter diesen Dingen ist für mich immer das wir als Menschheit das alles besser machen könnten, kriegen es aber nicht hin. Ziemlich Tragisch.
Merk immer wie betroffen mich sowas dann macht.

Viel Kraft für deinen Kollegen und Durchhaltevermögen, die Zeiten sind merkwürdig.

Ich war 12 Jahre mit einer Frau zusammen, die gesundheitsbedingt in Grundsicherung war.
Aufgrund von zwei Autoimmunkrankheiten wurde sie vom System gegen ihren Willen zwangsverrentet.
Eine Frechheit waren dann die regelmäßigen Forderungen nach neuen Attesten, um zu prüfen, ob die
Ansprüche noch gerechtfertigt sind. Wenn man Forderungen hatte, waren die Akten wie immer in
der Behörde unterwegs. Es waren teilweise hahnebüchene Aktionen mit den Ämtern.

@Memo
persönlicher kontakt ist aber garnet so einfach bei der agentur für arbeit ,(dieser begriff ,haha)
bei jedem anruf ein anderer ,der lezte ist bereits im wochenende (am mittwoch) und für die bearbeitung eines antrags bis zur auszahlung sind drei standorte im umkreis von ca 70 km verantwortlich
das haben wir in der familie erlebt ,vor einem viertel jahr

ich habe das lezte jahr mit dem arbeitsamt,finanzamt und der familienkasse solche kämpfe hinter mir daß ich im hohen bogen kotzen könnte über diese dr.... bürokratie in unserem land ,
wenn jedes handwerk so arbeiten würde wie unsere verwaltungen dan wären wir jezt im mittelalter

So vieles hier auch im Argen liegt und verbessert gehört, möchte ich doch nicht woanders leben. Oder, wie Dr. von Hirschhausen das so schön ausgedrückt hat: Wo der Mensch einen Stirnlappen hat, da hat der Deutsche einen Jammerlappen ...

Wer hier arbeitslos wird oder schwer krank, der hat immerhin die Chance auf Hilfe und Unterstützung. Auch wenn es teilweise wirklich nervig ist, sich mit Ämtern auseinander setzen zu müssen und sich durch den Formulardschungel zu kämpfen.

Mal so über den Tellerrand und den großen Teich geschaut: da schläft man ganz schnell im eigenen Auto oder kauft als Diabetes Typ 1 Patient das lebensnotwendige Insulin auf dem Schwarzmarkt ...

....wer von ALG-II persönlich noch nicht betroffen/erfahren durfte weiß nicht wie schwer es ist wieder ins normale Leben zurück zu finden und wie es in USA gehandhabt wird mir FS-Bierwurscht, und wenn man wie im Fall meiner Bekannten 60% Schwerbehinderung und verschiedene Erkrankungen mitbringt bekommt man nicht so schnell eine neue Arbeitsstelle weil wenn ein Arbeitgeber keine dauerhafte Stelle anbieten kann wird dieser nach der Probezeit so einen Arbeitnehmer nicht mehr so schnell los, deshalb hat so eine Mensch schon mal keine Chance auf dem Arbeitsmarkt, somit schließt sich der Kreis wieder.
....ausserdem äusserst nagativ finde ich die bestehende Meinung vieler der Nichtbetroffenen, die da lautet wer Hartz-4 bezieht sei zu faul sich Arbeit zu suchen, dem ist aber warlich garnicht so!

Vielen Dank für die erhellende Aufklärung ... Da ich selber vor Jahren Hartz IV bezogen habe, kenne ich das Leben als arme Sau mit 345 € im Monat durchaus besser als mir lieb wäre. Ich habe nicht behauptet, Hartz IV wäre üppig oder der Weg durch die Behörden einfach. Und ich bin nicht in der Schweiz, in Österreich, Niederlande oder Skandinavien durchs Raster ins soziale Netz gefallen, sondern in Deutschland und auch wenn das keine einfache Zeit war, man kann damit überleben. In den USA wäre ich nicht durchs Raster gefallen, sondern ziemlich schnell unter die Räder geraten.

Polizeihund versus Hartz IV Empfänger? Das ist zwar ein sehr schön plakativer Vergleich, der nichtsdestotrotz hinkt. In NRW erhält ein Diensthundführer (also der Beamte, der den Hund kostenlos zur Untermiete wohnen läßt ...) eine Pauschale von 85,- € im Monat, der Hartz IV Regelsatz für 2021 sieht für Ernährung, Getränke, Tabakwaren der Betrag von 154,78 € (alleinstehende Person) im Monat vor. Nein, immer noch nicht üppig, aber damit verhungert man auch nicht.

Ich bleibe dabei, daß wir hier auf hohem Niveau jammern ...

es ist jammenr auf hohem niveau,aber dieses niveau haben sich die deutschen auch irgendwo erarbeitet,
In Tschechien is es mit Hilfe wie arbeitslosengeld und ähnlichen viel schlechter,aber wenn ich meinen kumpels dort immer sage das ich im baugewerbe eine regelwoche 44 std hab und welche steuern und abgaben wir in welcher höher zahlen ,da bekommen die gaaaanz große augen.

Dies nur als beispiel.

Was mich ärgert in diesem land ist nun mal der schwere büroktatische weg,es sagte mal ein finanzminister dass die einkommensteuer erklärung einmal auf einen bierdeckel passen wird,vor einem jahr hieß es von unserem Herrn söder ,es wird jedem geholfen und keiner wird im stich gelassen,haha

Das System gehört gründlichst überarbeitet und entschlackt.

Ich bin da irgendwie zwiegespalten. Meine (glücklicherweise sehr dünnen) Erfahrungen, die ich mit den deutschen Sozialsystemen gemacht habe, sind auch eher nicht so doll gewesen, dass ich mich unterstützt gefühlt hätte.

- 2005, frisch betriebsbedingt gekündigt (illegal, wurde auch hinterher vom Arbeitsgericht bestätigt), tauche ich auf dem Arbeitsamt auf, um mich anzumelden. Bekomme ein Formular in die Hand gedrückt, wo ich Ausbildung, berufliche Erfahrungen/Qualifikationen reinschreiben soll. Ich also eine Menge Zeug von Netzwerken, Virtualisierung, AD Administration,... reingeschrieben. Der wenig freundlichen Dame in die Hand gedrückt. Die schaut verwirrt drauf: "Das heißt, sie kennen sich mit Computern aus?". Ich schaue verwirrt zurück: "Gewissermaßen...." (und habe an der Stelle abgeschrieben, von denen auch nur einen sinnvollen Hinweis auf offene Stellen zu bekommen.)
- 2012, mit Depression/Burn-Out einen Reha-Antrag gemacht. Ein Papierkram vor dem Herrn, der mich fast in den Suizid getrieben hätte (kein Witz). Natürlich 1. Antrag rundrum abgelehnt. Einspruch, 2. Antrag, formale Fehler. Einspruch, Korrekturen, Nachreichungen, Atteste (für die man natürlich auch jedesmal vorher einen Termin organisieren musste, was für mich zu der Zeit eine echte Herausforderung war),... hat dann irgendwann geklappt.

Insofern kann ich das, was Michael schreibt, durchaus nachvollziehen und fände den Gedanken, selbst mal in eine solche Situation zu kommen, sehr, sehr gruselig.

Ich finde das Mißtrauen, das unser Staat da seinen Bürgern gegenüberbringt, traurig. Allerdings fehlt mir da die Erfahrung, wie gerechtfertigt das ist. Ich kenne in jeder "Wohlstandsgruppe" Menschen, wo ich denke, dass sie "vom Stamme Nimm" sind (muss man sich nur mal so ein paar (ex)Unionsabgeordnete ansehen...) -- genauso wie auch Leute, die schlicht ihr Bestes tun, ihr Leben hinzubekommen, anderen abgeben, wenn sie können und nur nehmen, wenn es gar nicht anders geht.

Was ich übrigens erschreckend fand, war jetzt eine Pfarrerin, die interviewt wurde, die, als es kalt war, Obdachlose in der Kirche übernachten ließ -- mit entsprechendem Coronaabstand, versteht sich, weil die Obdachlosenheime nicht genug Platz hatten.
Der schien dermaßen die Selbstgerechtigkeit aus dem A"§$", dass sie da was ganz tolles tut, das das aber natürlich nur eine Ausnahme ist, jetzt in der Pandemiesituation.
Und ich dachte mir: um Himmels Willen, wenn EINES die Pflicht einer christlichen Kirche ist, dann sich um die Armen zu kümmern. Was läuft da mit euch verkehrt?